Mantrailing International Trainingscenter Nordbayern – Canisteam in Bastheim
von Heidi Pötzl
Am Freitagabend um 18.00 Uhr versammelten sich alle Teilnehmer und das Instructoren-Team von Mantrailing International im Seminarraum von Canisteam in Bastheim.
Nach der Vorstellungsrunde und der Besprechung des Seminarprogramms starteten wir direkt mit Theorieteil des Seminars.
Unser erstes Thema war die Wiederholung des Wordings, also der Fachbegriffe, die im Training bei Mantrailing International stets präsent sind, um über das Wochenende eine gemeinsame Sprache sprechen zu können.
Das nächste Thema im Theorieteil des Seminars war die Wiederholung und Besprechung der vier Startarten im Training nach der Kocher-Methode (TKM), die von Mantrailing International weiterentwickelt wurde.
Dies sind:
- Der Intensity-Start
- Der Delayed-Start
- Der Scentarticle-Start
- Der Prescent-Start
Auch das Thema Geruchsartikel/GA – Scentarticle und deren Vermehrung/Aufbereitung haben wir uns näher angesehen.
Ein Geruchsartikel (GA) kann jeder Gegenstand sein, der mit der Versteckperson (VP) in Berührung gekommen ist, aber auch aus der Luft in einem abgeschlossenen Raum, z.B. Innenraum eines Fahrzeugs, kann der Hund den Geruch aufnehmen.
Warum brauchen wir einen GA?
Mittels des GA vermitteln wir dem Hund den „Zielgeruch“, dessen Spur er suchen und verfolgen soll.
Zum Abschluss des Theorieteils konnten die Teilnehmer ihre Erwartungen an das Seminar nennen:
- Lernen
- Markieren auf dem Trail
- Verbesserung der Startphase
- Verbesserung der Anzeige
- Hund lesen
- Vorgehen bei Ablenkung
- Trailtempo
- Versteckperson in unterschiedlichen Erscheinungsbildern
- Equipment
- Anriechen
- Korrektur
- Motivation & Drehzahl
An dieser Stelle konnten wir viele, auch sehr wichtige Dinge zusammentragen und diese in Form eines „Wunschzettels“ erfassen.
Der Theorieteil verlief sehr harmonisch und in guter Stimmung. Die Kommunikation zwischen Teilnehmern und Instructoren lief hervorragend und war sehr lebendig. Um ca. 20.30 Uhr konnten alle Teilnehmer mit einem, mit theoretischem Wissen gefüllten Kopf, nach Hause fahren, um sich für den Praxisteil des Seminars am Samstag und Sonntag auszuruhen.
Das Instructoren-Team bei unserem Seminar bestand aus Master-Instructor & Examiner Martin Matt, Staff-Instructor Albrecht Betzold und Instructor Marco Schüttler. Andreas Ebert, der Inhaber von Mantrailing International & Head-Instructor hatte seine Anwesenheit ebenfalls angekündigt, musste jedoch leider kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen absagen.
Wir bedauern dies sehr und wünschen Andreas auf diesem Weg gute Besserung.
Am Samstag trafen wir uns um 9.30 Uhr bei regnerischem Wetter auf dem Altstadtparkplatz 2 in Mellrichstadt.
Zu Beginn des Praxisteils wurden verschiedene grundlegende Themen wiederholt und besprochen:
Muss die Start-Reihenfolge der Teams immer einem bestimmten Schema folgen?
Die Reihenfolge der Starter spielt keine Rolle, der Ablauf des Trainings sollte nur nicht ins Stocken kommen und flüssig durchlaufen.
Wozu brauchen wir ein Warm-Up und wie sollte dieser durchgeführt werden?
Der Warm-Up dient dazu, den Hund in den „Arbeitsmodus“ zu versetzen, dem Hund zu ermöglichen, sich am Trainingsort zu „akklimatisieren“ und die Motivation des Hundes am Trainingstag zu prüfen.
Unterschied zwischen „Start-Kommando“ und „Weiter-Kommando“
Das Start-Kommando wird verwendet, um den Trail zu starten. Das Weiter-Kommando wird gegeben, um nach dem ersten Finden der VP und der Belohnung für den Hund, in den Intensity-Trail zu starten.
Thema Versteckperson (VP)
- Eine VP darf denselben Weg auch öfter gehen, um für mehrere Mensch-Hund-Teams VP zu sein.
- Eine VP sollte sich immer an die mit Instructor und/oder HF getroffenen Absprachen halten.
- Eine VP sollte ihr Verhalten immer individuell an den Hund anpassen.
- Es ist wichtig immer wieder wechselnde VP-Bilder für den Hund zu haben.
Absprachen zwischen Hundeführer und Versteckperson
Die VP muss vom HF über wichtige individuelle Eigenschaften des Hundes informiert werden. Auch die Anzeigeart des Hundes muss der VP mitgeteilt werden, damit diese punktgenau belohnen kann.
Belohnungen beim Mantrailing
Habe ich wirklich die richtige Belohnung für meinen Hund? Die Belohnung muss für den Hund „Jackpot-Charakter“ haben, d.h. etwas ganz Besonderes sein, das er liebt aber sonst wirklich nie bekommt. Meist wird Futter verwendet. Hier ist Kreativität gefragt.
Leine und Leinenhandling
Besonders wenn sich ein HF mit dem Handling der Leine schwer tut, sollte man prüfen, ob die aktuell verwendete Leine wirklich die optimale Leine ist (Material, Länge…)
Korrekturen auf dem Trail – Wann und wie korrigieren wir auf dem Trail?
Wenn der Hund arbeitet, lassen wir ihn arbeiten!
Wir korrigieren nur, wenn der Hund offensichtlich „privat“ ist.
Die 1,5 Sekunden Regel
Ein Hund braucht ca. 1,5 Sekunden, beispielsweise um einen Geruch zu finden, das Alter des Geruchs zu bestimmen (alt/neu) und die Richtung des Geruchs zu bestimmen oder einen Geruch auszuschließen.
Am Samstag haben wir, neben dem Warm Up, 3 Übungen in zwei Gruppen durchgeführt.
- Delayed Start mit Anzeige der gehenden VP
- Car-Pick-up mit abreißender Spur und Anzeige der sich bewegenden VP, Startart Prescent-Start
- Verschiedene Anriech-Szenarien am Auto mit anschließendem kurzen Trail
Der Delayed Start mit Anzeige der sich bewegenden VP
Unser Trail führte uns in den Schulhof der nahegelegenen Schule, durch den sich die VP bewegte. Die Anzeige der sich bewegenden VP war bei den meisten Hunden sehr gut.
Beim anschließenden Intensity-Trail stiftete eine im Pausenhof vorhandene lebensgroße Statue in Menschenform zunächst Verwirrung, wurde aber dann durch die Hunde kurz „geprüft“ und ausgeschlossen, die VP in ihrem Versteck gefunden und angezeigt. Situationen wie diese, helfen den Erfahrungsschatz unserer Hunde zu vergrößern.
Car-Pick-up mit abreißender Spur und Anzeige der sich bewegenden VP, Startart Prescent-Start
Beim Car-Pick-up hinterließ die VP einen GA am Startpunkt, ging eine Strecke zu Fuß in Richtung Schule und stieg dann in ein Auto ein. Das Auto fuhr mit zunächst geöffneten Fenstern bis zu einem vorher festgelegten Punkt, beschleunigte dabei bis ca. 40 km/h und an einem vorher abgesprochenen Punkt wurden die Fenster geschlossen. Die Beschleunigung und das Schließen der Fenster führten zu einem Spur-Abriss. Bei unserer Übung fuhr das Auto dann mit geschlossenen Fenstern und abgestellter Lüftung wieder in die Gegenrichtung, wurde geparkt, die VP stieg aus und lief in den Park.
Nach dem Starten und des Verfolgen des Trails war das Ziel, dass der Hund dem HF über eine Negativ-Anzeige das Ende der Spur anzeigte, welches durch den Spurabriss, wie oben beschrieben, erzeugt wurde. Nach der Negativ-Anzeige wurde der Hund an kurzer Leine die Strecke zurück, vorbei am Startpunkt in Richtung des abgestellten Fahrzeugs geführt.
Nach dem Passieren der Beifahrer-Tür des Fahrzeugs wurde die Leine, nachdem der Hund die Spur wieder aufgenommen hatte, herausgegeben. Nachdem die Anzeige an der sich bewegenden VP in der vorangegangenen Übung bereits „aufgefrischt“ wurde, funktionierte diese nun durchweg sehr gut.
Verschiedene Anriech-Szenarien und Startarten am Auto mit anschließendem kurzem Trail
Hier wurden viele verschiedene spannende Szenarien bezüglich der Möglichkeiten am Auto anzuriechen, Geruch abzunehmen und zu starten, durchgespielt. Der sich anschließende kurze Trail verlief in Richtung Innenstadt.
Darunter waren Delayed-Start, Intensity-Start, Scent-Article-Start mit Anriechen am Autositz, auch mit Ausschließen einer Person, die den Geruch kontaminiert hat.
Weiterhin wurde thematisiert, wie vorzugehen ist, wenn die Autoscheibe eingeschlagen wurde und deshalb der Hund nicht in oder direkt an das Auto gelassen werden kann, damit er sich nicht an den Scherben verletzt. In dieser Situation bedient sich der HF der Wischtechnik, indem er mit einer möglichst sterilen Kompresse beispielsweise über Lenkrad oder Sitz wischt und den Hund dann an dieser Kompresse anriechen lässt.
Bei der Abschlussbesprechung am Samstag waren alle nass und müde aber glücklich und waren sich einig, dass das ein super Tag war und alle am Sonntag wiederkommen wollen.
Am Sonntag trafen wir uns um 9.30 Uhr auf dem Parkplatz in Wechterswinkel
Zu Beginn des Tages besprachen wir bei bestem Wetter Fragen zum Vortag, die sich vielleicht noch ergeben haben und vertieften unser theoretisches Wissen weiter.
Themen waren hierbei:
Anriech-Thematik – Auto
In vielen Fällen ist es von Vorteil, den Geruch mittels Kompresse mit der Wischtechnik abzunehmen und diese Kompresse anschließend als GA zu verwenden. Diese Technik schützt den Hund vor eventuellen Gefahren beispielsweise Glasscherben und vermeidet zusätzlich Kontamination, Verschmutzung und Schäden am Fahrzeug.
Mind-Map
Jeder HF sollte sich auf dem Trail im Kopf eine „Karte“ zurechtlegen, in der er sich den Trailverlauf und die Reaktionen seines Hundes merkt.
NSI-No Scent Identifikation – Diese Person war nie hier
Dieser wird im Ernstfall häufig genutzt, um die „Sichtungs-Meldungen“ des Täters aus der Bevölkerung zu verifizieren. D.h. wenn der Hund ausschließt, dass sich der Täter an dem gemeldeten Punkt aufgehalten hat, muss hier nicht gesucht werden.
Geruchsdifferenzierung
Bei der Geruchsdifferenzierung unterscheidet der Hund Gerüche von verschiedenen Personen
Während Martin, Albrecht und Marco die oben genannten Themen mit den Teilnehmern besprochen haben, mussten wir Zeugen eines eskalierten Bruderstreits werden, der sich als ziemlich gewalttätig darstellte. (Gestellte Szene!)
Ein großes Auto raste auf den Parkplatz und vollführte eine Vollbremsung. Heraus sprang ein düster aussehender Mann, der einen anderen Mann vom Rücksitz des Autos zerrte und auf ihn einschlug, während er ihn in ein nahegelegenes Gebüsch trieb. Kurze Zeit später schleifte der düster aussehende Mann sein offensichtlich bewusstloses Opfer in ein anderes Auto, das neben dem Gebüsch abgestellt war. Anschließend ergriff der Täter die Flucht.
Jetzt hieß es schnell sein, den flüchtigen Täter zu finden und zu stellen!!
Der eilig herbeigerufene Hund nahm den Geruch am Tatfahrzeug auf und verfolgte die Spur von Täter und Opfer durch das Gebüsch. Nachdem der Hund das Opfer an dem abgestellten Fahrzeug angezeigt hatte, öffnete der Flanker des HF die Tür und erkundigte sich nach dem Befinden des Opfers. Der Hundeführer ließ den Hund an einem Körperteil des Opfers, mit dem der Täter in Berührung gekommen ist, anriechen und startete zur Suche nach dem Täter. Kurze Zeit später hatte der Hund den Täter aufgespürt und er konnte dingfest gemacht werden.
Diese Story wurde zum zentralen Motto des Tages…
Folgende Übungen haben wir am Sonntag durchgeführt:
- Die Verfolgung des flüchtigen Täters mit Geruchsabnahme am Tatfahrzeug
- Einen „Drei-Tüten-NSI“
- Das Räuber und Gendarm-Spiel
- Drei-Tüten-NSI
Für diese Übung wurden zwei NSI-GA´s, also Geruchsartikel von anderen Personen, die niemals auf dem Parkplatz in Wechterswinkel waren, genutzt sowie ein GA der Person, die sich für den jeweiligen Hund als VP zur Verfügung gestellt hat.
Am frühen Nachmittag legten wir eine „praktische Theorie-Übung“ ein und sahen uns das Thema „Anriechen“ genauer an.
Als alle Teilnehmer voll konzentriert der Anriech-Übung folgten, ertönte plötzlich ein Alarm!
Ach Du Schreck – Schnell wir brauchen einen Hund – Räuber auf der Flucht durch Wechterswinkel!
Das Räuber und Gendarm-Spiel – Eine Motivationsübung mit hoher Geschwindigkeit
Als letzte Übung des Seminars spielten wir das Räuber und Gendarm Spiel und zwar im Laufschritt und mobilisierten dabei die letzten Reserven bei Mensch und Hund.
Dabei gilt, je länger das Mensch-Hund-Team braucht um die Verfolgung aufzunehmen, desto weiter wird der Trail, da der Räuber in hoher Geschwindigkeit flüchtet.
Nach wilden Verfolgungsjagden, teils durchs Wasser, konnten alle Räuber auf der Flucht gestellt werden.
Alle Punkte auf der Liste mit den Erwartungen der Teilnehmer an das Seminar, die wir gemeinsam am Freitagabend erstellt haben, konnten während der Abschlussbesprechung als erfüllt abgehakt werden.
Nachdem die Teilnehmer ihre Zertifikate erhalten haben und alle müde aber glücklich und zufrieden waren, verabschiedeten wir uns am späten Sonntagnachmittag.
Am Ende dieses wirklich tollen Seminars gab es nur strahlende Gesichter von glücklichen Menschen.
Besonders konnten sich Christoph und Heidi freuen, die an diesem Wochenende ihre Ausbildung zum Mantrailing-Instructor abschließen konnten und ihre Zertifikate überreicht bekamen.
Vielen lieben Dank an das Instructoren-Team von Mantrailing International, Andreas für das „Gastgeber sein“, alle Teilnehmer mit ihren tollen Hunden, alle Fotografen und Filmer, die Kaffeekocherinnen und natürlich die weltbeste Versteckperson Benny, der extra aus Vorarlberg zu uns in die Rhön gereist ist.
Hoffentlich wurde niemand vergessen 😉 Ihr alle zusammen haben dieses Seminar zu dem gemacht, was es war.